„Die Menschen sind nach vier Jahren Krieg erschöpft“
Seit 2015 bietet HI Reha-Massnahmen und psychosoziale Unterstützung in acht Gesundheitseinrichtungen in Sana'a an, zudem seit Juli 2019 in einem der grössten Krankenhäuser der Stadt Aden. Maud Bellon, die Einsatzleiterin von HI, berichtet über die schwierige Lage, in der sich die Zivilbevölkerung derzeit befindet.
Reha-Behandlung mit Aiman Al-Mutawaki, Physiotherapeut für HI im Rehazentrum in Sana'a | ©ISNA Agency / HI
"Seit dem Beginn unseres Einsatzes im Jahr 2015 haben wir Rehabilitationsmassnahmen für fast 22‘000 Menschen durchgeführt“, sagt Maud, Einsatzleiterin im Jemen. „Wir haben 23‘600 Mobilitätshilfen, beispielsweise Rollstühle und Krücken, sowie spezielle Ausrüstung verteilt. Ausserdem haben wir Prothesen und Orthesen für über 200 Menschen angepasst.“
Da die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen nicht mehr in Betrieb ist, werden alle Patient/-innen in medizinische Einrichtungen gebracht, die noch Menschen aufnehmen können. "Es herrscht ein ständiger Zustrom an Bedürftigen – von Verletzten durch den Konflikt oder durch Autounfälle bis hin zu älteren Menschen und Menschen mit Behinderung, die Reha-Versorgung benötigen. Es gibt nicht genügend Krankenhäuser, aber extrem viele Menschen brauchen Hilfe, weil das Land im totalen Chaos versinkt.“
Familien legen weite Strecken zurück, um in Sanaa (im Norden) oder Aden (im Süden) behandelt zu werden, trotz der Risiken, denen sie als Reisende im Jemen ausgesetzt sind: den Kämpfen, der Gewalt, der Kriminalität und den schlechten Transportbedingungen aufgrund blockierter Strassen.
Nothilfe im Süden Jemens
"Wir arbeiten jetzt in den beiden Hauptregionen des Landes. Im Norden sind wir seit 2015 in Sana'a und im Süden seit letztem Juli in Aden tätig – mit allen damit verbundenen logistischen und sicherheitstechnischen Herausforderungen.“
Die Vereinten Nationen halten Aden für die gefährlichste Stadt im Nahen Osten. Bewaffnete Gruppen und hohe Kriminalität führen zu ernsthaften Sicherheitsproblemen. Die intensiven Kämpfe im vergangenen August haben zur Folge, dass die Anzahl der Menschen in den Krankenhäusern der Stadt angestiegen ist. Der Konflikt wird immer komplexer, die Zahl der Konfliktparteien hat zugenommen.
Mentale Erschöpfung
Die Menschen im Jemen sind erschöpft von einem bereits vier Jahre andauernden Krieg. Er hat die soziale und wirtschaftliche Struktur des Landes zerstört. Dennoch bleibt die psychosoziale Unterstützung eine Herausforderung in diesem Land, in dem das Konzept der Psychologie nur wenig Glaubwürdigkeit erfährt. "Wir haben über 16‘000 Menschen psychologisch betreut, beispielsweise die Menschen, die wir mit Reha-Massnahmen versorgen, und deren pflegende Angehörige. Wir versuchen, noch weiter zu gehen, indem wir über 400 Gesundheitsfachkräfte schulen und ihnen beibringen, wie sie Menschen mit schweren körperlichen und psychischen Traumata behandeln.“
Verseuchung mit explosiven Kriegsresten
"Wir werden in Kürze eine Kampagne zur Aufklärung über die Gefahren von Landminen und explosiven Kriegsresten starten. Wir wollen die Bevölkerung über die Bedrohung und den Umgang mit gefundenen Kriegsresten informieren, um Unfälle zu reduzieren. Einige Regionen sind stark mit explosiven Kriegsresten verseucht, beispielsweise Bombenreste, so dass dringender Handlungsbedarf besteht.“
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Nadia Ben Said
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