Saadis Familie ist alles, was er noch hat
Als Saadi die Tür zu seinem Haus öffnete, explodierte eine Bombe. Der Vater von fünf Kindern war aus seiner Heimatstadt im Irak geflohen, nachdem diese in die Hände des Islamischen Staates gefallen war. Monate später zog sich die bewaffnete Gruppe zurück und Saadi kehrte heim. Die Explosion verletzte ihn schwer. Heute versuchen Saadi und seine Familie sich mit Hilfe von Handicap International von diesem traumatischen Ereignis zu erholen.
Saadi sitzt mit seinen Kindern auf dem Boden. Er umarmt sie väterlich. Sie wirken glücklich. | © E. Fourt / Handicap International
Die Betonhütte steht wie verlassen auf weiter Flur, auf allen Seiten ist sie umgeben von Feldern. Als unser Team an die Tür klopft, grinst sie ein Mädchen mit roten Haaren und funkelnden Augen durch den Türspalt an. Sie bittet den Physiotherapeuten Hareth und die Sozialarbeiterin Zahra herein. Ihr Vater Saadi liegt auf einer Matratze, er ist immer noch erschöpft und hat Probleme, sich zu bewegen. Den Grossteil der Tage liegt er mit seiner Frau und den Kindern einfach nur auf dem Betonboden und sie durchleben die Situation, die alles veränderte, immer und immer wieder.
„Wir flohen vor zwei Jahren aus unserer Heimatstadt, als der Islamische Staat unsere Region unter seine Kontrolle brachte. Als sie sich nach ein paar Monaten zurückzogen, sind wir sofort zurückgekehrt, um zu sehen, was mit unserem Haus passiert war. Ich öffnete vorsichtig die Haustür und eine Bombe explodierte. Sie hatte solch eine Wucht, dass ich mehrere Meter rückwärts geworfen wurde. Als ich wieder bei Bewusstsein war, lag ich auf einmal auf der Strasse und hatte stechende Schmerzen in meinem Bein. Ich schrie nach Hilfe und es kamen Leute herbeigerannt, um zu helfen”, erinnert sich Saadi.
„Doch das war erst der Anfang meiner Probleme. Sie brachten mich von Krankenhaus zu Krankenhaus. Die Ärzte wollten mein Bein amputieren, aber ich weigerte mich jedes Mal. Schliesslich stimmte ich einer Operation zu, nach der ich das Bett mehr als einen Monat nicht mehr verlassen können würde, aber das war besser als mein Bein zu verlieren. Danach kehrte ich so schnell ich konnte zu meiner Familie zurück. Sie sind alles, was ich noch habe“, sagt er während er seinen Kindern beim Spielen zusieht. Diana und ihre Schwestern und Brüder interessieren sich sehr für die Arbeit des Teams von Handicap International, vor allem aber freuen sie sich, Hareth und Zarah wiederzusehen.
Hareth, Physiotherapeut, berät Saadi © E. Fourt / Handicap International
Unsere Teams unterstützen Saadi seit mehreren Monaten im Rahmen unserer Hilfe für Überlebende im Irak. Zusätzlich zu den Physiotherapieeinheiten, erhielt er von uns einen Stuhl, einen Toilettenstuhl und Wundversorgungspakete, um ihm das Leben zu erleichtern. „Bereits seit meinem ersten Besuch macht Saadi Fortschritte. Vor der Behandlung stand er nur selten auf, sogar der Gang zur Toilette war anstrengend. Jetzt kann er sich besser bewegen und die Geräte, mit denen wir ihn unterstützen, scheinen ihm eine grosse Hilfe zu sein," erklärt Hareth.
Doch der Weg zur vollständigen Genesung ist lang. Aufgrund seiner Verletzungen kann Saadi nicht arbeiten und seine Ersparnisse sind bald aufgebraucht. Um zu überleben, ist die Familie größtenteils auf Hilfsorganisationen wie Handicap International angewiesen. Als wir ihn fragen, was ihm durch den Kopf geht, spricht Saadi von den externen Fixierungen in seinem Bein, die bereits vor Monaten entfernt werden sollten. „Ich habe nicht genug Geld für das Krankenhaus oder um für eine solche Operation zu zahlen“, erklärt er. „Ich denke auch viel darüber nach, wie ich meiner Familie helfen soll, wenn ich mich mehrere Jahre nicht bewegen kann."
"Das Wichtigste ist für mich, dafür zu sorgen, dass meine Kinder eine glückliche Zukunft haben.“ - Saadi
Saadis drei Töchter vor ihrer Unterkunft. © E. Fourt / Handicap International
Für heute gehen Hareth and Zahra wieder. Diana und ihre Geschwister bleiben nach dem Abschied noch in der Tür stehen – in der Hoffnung, die beiden bald wiederzusehen. Die Kleinen wissen, wie wichtig die beiden für ihren Vater sind. Und auch Saadi ist dankbar für die Hilfe durch Handicap International. Er versucht geduldig zu bleiben, denn er weiss, dass es noch lange dauernd wird und er noch viel Ausdauer beweisen muss, bis er wieder auf die Füße kommt. Sein grösster Traum ist es, eines Tages heimzukehren und wieder arbeiten zu können. Es ist ein einfacher Traum, aber er bedeutet ihm alles.
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Nadia Ben Said
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