Mehr als 100 Organisationen fordern: Stoppt die EU-Pläne zur Migrationsabwehr!

Nothlife

Die Europäische Union muss den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission zur Migrationsabwehr stoppen, sonst droht ein dunkles Kapitel in ihrer Geschichte. Davor warnen am Montag mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung, darunter Amnesty International, Ärzte der Welt, Care International, Handicap International, Save the Children, Oxfam und World Vision. Die EU verschreibe ihre Aussenpolitik dem einzigen Ziel, Migration einzudämmen und untergrabe damit ihre Glaubwürdigkeit und Autorität bei der Verteidigung von Menschenrechten. Die Organisationen fordern von den politisch Verantwortlichen in der EU, den Kommissionsvorschlag abzulehnen. Dieser schreibe in der Zusammenarbeit mit Drittstaaten einen Ansatz fest, der darauf abziele, Menschen abzuschrecken und zurückzuweisen.

Zaatari Camp in Jordanien

Zaatari Camp in Jordanien | © G. Dubourthoumieu / Handicap International

Konkret sieht der Plan vor, Handelsbeziehungen, Entwicklungshilfegelder und andere Finanzmittel dafür einzusetzen, dass Drittländer Migrant/innen daran hindern, Europa zu erreichen. Den Vorschlag, den die Kommission Anfang Juni vorgelegt hat, werden die Staats- und Regierungschefs diese Woche bei ihrem Gipfel in Brüssel diskutieren. Blaupause für den Plan ist das Abkommen zwischen der EU und der Türkei, durch das Tausende Menschen unter entwürdigenden und menschenverachtenden Bedingungen in Griechenland festsitzen. Kinder sind besonders hart betroffen: Viele Hundert unbegleitete Minderjährige werden in haftähnlichen Einrichtungen festgehalten oder müssen in Polizeizellen schlafen.

Unterzeichner der Erklärung sind 104 Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte, humanitäre Hilfe, Medizin, Migration und Entwicklungszusammenarbeit. Der NGO-Koalition zufolge torpediere die Europäische Union mit dem Vorhaben ihre menschenrechtsbasierte Aussenpolitik und beschädige weltweit das Recht auf Asyl. Der Plan beinhalte keine Vorkehrungen, die Menschenrechte, rechtsstaatliche Standards und Schutzmassnahmen gewährleisten. Die Gefahr sei gross, dass es im Zuge von Abkommen mit Regierungen zur Migrationsabwehr zur Verletzung internationalen Rechts kommt. Denn dieses verbiete, Menschen in Länder zurückzuweisen, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben droht.

„Pflichten und Verantwortlichkeit zur Wahrung der Menschenrechte enden nicht an Europas Grenzen“, heisst es in der Erklärung.

Der Kommissionsvorschlag ignoriert zudem alle Belege dafür, dass Abschreckung Migration nicht stoppt, sondern nur verlagert. Die EU-Migrationspolitik wird das Geschäftsmodell der Schleuser nicht zerschlagen, aber das Leid schutzsuchender Menschen vergrössern, die gezwungen sind, noch gefährlichere Routen nach Europa zu nehmen.

Die Nichtregierungsorganisationen zeigen sich äusserst besorgt, dass der Kommissionsplan insgesamt eine Neuorientierung bei der Verwendung von Entwicklungshilfemitteln einleitet, die künftig dafür eingesetzt werden könnten, Migration zu stoppen.

„Dies widerspricht auf inakzeptable Weise dem Bekenntnis der EU, dass Entwicklungszusammenarbeit das Ziel verfolgt, Armut zu überwinden“, heisst es in der Erklärung.

Die Organisationen warnen zudem vor langfristig kontraproduktiven Folgen, wenn mit Ländern, in denen es zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommt, Abkommen zur Migrationsabwehr geschlossen werden.

Solche Abkommen „untergraben weltweit die Stellung der Menschenrechte und sorgen dafür, dass Misshandlungen und Repression fortdauern, die Menschen zur Flucht zwingen.“ 

Die Nichtregierungsorganisationen fordern von den politischen Verantwortlichen der Europäischen Union, den Vorschlag der Kommission abzulehnen. Stattdessen sollten die EU-Mitgliedsstaaten eine nachhaltige und langfristig angelegte Strategie entwickeln, wie sich Migration nach Europa gestalten lässt.

„Die EU, ein Projekt, das auf den Trümmern eines verheerenden Krieges entstand, schickt sich an, ein dunkles Kapitel in ihrer Geschichte aufzuschlagen“, warnen die Organisationen in ihrer Erklärung.

28 Juni 2016
Einsatzländer

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